Das erste* KI-Urteil, ausgerechnet..

Das erste* KI-Urteil, ausgerechnet..
Remixed based on work by Hadi, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons and Midjourney

..vom Schweizer Bundesverwaltungsgericht.

Mit dem Titel "Die künstliche Intelligenz ist nicht Erfinderin" veröffentlicht das Schweizer Bundesverwaltungsgericht im Juni diesen Jahres das Urteil B-2532/2024 und weist die Beschwerde des Beschwerdeführers in zwei Punkten zurück.

Stephen Thaler ist Physiker und hat sich eigenen Angaben nach seit langer Zeit mit dem Thema künstliche Intelligenz beschäftigt. Ausdruck hat diese Entwicklung in der Software DABUS ("Device for the Autonomous Bootstrapping of Unified Sentience") gefunden die durch eine bestimmte Programmierlogik in der Lage sein soll, eigenständig zu erfinden.

Eine dieser Erfindungen hat Stephen Thaler bei der World Intellectual Property Organisation (WIPO) im Rahmen des durch den Patent Cooperation Treaty (PCT) definierten Verfahren als Patent angemeldet.

Ein so angemeldetes Patent kann anschliessend auf Antrag in allen Staaten als nationales Patent angemeldet werden, die am Patent Cooperation Treaty teilnehmen. In der Schweiz ist der PCT seit 1978 in Kraft (SR 0.232.141.1).

Das Patent WO2020079499A1 beschreibt eine Verpackung für Lebensmittel.

Nach Erteilung des internationalen Patentes hat Stephen Thaler sich nun daran gemacht, in den Vertragsstaaten die nationalen Patente zu beantragen.

Als Erfinder hat Herr Thaler dabei eingetragen:

(72) Inventor: DABUS, The invention was autonomously generated by an artificial intelligence; 1767 Waterfall Dr, St Charles, Missouri 63303 (US).

Das Schweizer Patentrecht verlangt in Art. 34 Abs. 1 der Patentverordnung (PatV) die Nennung des Erfinders mit Name, Vorname und Wohnsitz, gestützt auf Art. 5 Abs. 2 des Patentgesetzes (PatG): "Die vom Patentbewerber genannte Person wird im Patentregister, in der Veröffentlichung des Patentgesuchs und der Patenterteilung sowie in der Patentschrift als Erfinder aufgeführt."

Das Schweizer Institut für geistiges Eigentum (IGE) weist Herrn Thaler nach Erhalt des Antrages auf Erteilung des Schweizer Patentes darauf hin, dass nur natürliche Personen als Erfinder genannt werden können.

Herr Thaler erhebt Einsprache, diese wird abgewiesen und die Patentanmeldung wird abgelehnt. Herr Thaler führt weiter Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen den ablehnenden Bescheid.

Mit seiner Beschwerde verlangt Herr Thaler zuerst, das Patent wie beantragt, unter Nennung von "DABUS" als Erfinder, einzutragen. Hilfsweise beantragt er die Eintragung ohne Nennung eines Erfinders, alternativ unter seiner Nennung als Erfinder oder schliesslich die Verfügung des IGE aufzuheben und das IGE erneut über die Anmeldung entscheiden zu lassen.

Als Begründung für die Beschwerde führt Herr Thaler an, "das System der künstlichen Intelligenz (kurz: KI-System) mit der Bezeichnung Device for the Autonomous Bootstrapping of Unified Sentience (DABUS) habe die Erfindung generiert, ohne dass eine natürliche Person als herkömmlicher Erfinder dazu beigetragen habe. Folglich sei DABUS als Erfinder einzutragen" (B-2532/2024, Sachverhalt lit. D).

Das IGE habe zudem Art. 5 Abs. 2 PatG falsch ausgelegt, da dort nicht definiert sei, dass eine natürliche Person als Erfinder genannt werden müssse.

Eine Auslegung der Norm im Wortlaut könnte die Frage erlauben, ob möglicherweise eine juristische Person als Erfinder eintragungsfähig wäre. Im Verfahren stellte sich diese Frage nicht, weil "DABUS" weder eine natürliche noch eine juristische Person ist.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt in der Auslegung des Art. 5 Abs. 2 PatG schliesslich zum Ergebnis, dass eine künstliche Intelligenz (als Sache) als Erfinder nicht eintragungsfähig ist. Vielmehr könnte derjenige als Erfinder eingetragen werden, der dem System Daten zur Verfügung gestellt hat. Oder derjenige, der die Ausgabe des Systems als "Erfindung" erkannt hat.

Damit ordnet das Gericht die KI als das ein, was sie ist: Ein Programm, das durch menschliche Eingabe und Steuerung eine Aufgabe erfüllt. Den Menschen, die dieses Programm bedienen, steht die Nennung als Erfinder zu.